Alfred Kramer (7. November 1898 in Waldenburg, Schlesien ; 29. Mai 1946 in Landsberg am Lech) war SS-Oberscharführer und Verantwortlicher für einen Gefangenentransport bei der Evakuierung des KZ
Warschau sowie Lagerführer des KZ-Außenlagers Kaufering I. Als Kriegsverbrecher wurde Kramer in den Dachauer Prozessen zum Tode verurteilt und hingerichtet. Kramer, von Beruf Maler, diente ab
1916 in der deutschen Armee. Aus Kramers Ehe gingen drei Kinder hervor. Nach eigenen Angaben trat er der SS am 20. April 1933 freiwillig bei. Ab dem 1. September 1939 gehörte Kramer zum Personal
des Konzentrationslagers Buchenwald; im September 1941 wurde er in das KZ Majdanek im besetzten Polen versetzt. Auszug aus der Aussage Kramers vom 1. November 1945 (englische Übersetzung).
Erdhütten in einem KZ-Außenlager bei Kaufering. Aufnahme vom 29. April 1945 nach der Befreiung durch die US-Armee.
Bei der Auflösung des KZ Warschaus Ende Juli 1944 war Kramer nach eigener Aussage der Verantwortliche für den Transport von etwa 4.000 Gefangenen in das KZ Dachau, die von 250 SS-Mitgliedern
bewacht wurden. Die KZ-Häftlinge, in ihrer Mehrzahl Juden, wurden bei hochsommerlichen Temperaturen in einem viertägigen Fußmarsch zu einer Bahnstation getrieben und von dort in Viehwagen nach
Dachau transportiert. Nach Kramers Angaben waren weder ausreichend Wasser noch Nahrung vorhanden. Zwei oder drei Gefangene wurden von der SS erschossen, als sie aus einem Fluss trinken wollten.
Kramer zufolge starben während des Fußmarsches 30 bis 35 KZ-Häftlinge an Unterernährung, Krankheiten oder durch Schläge des Wachpersonals. Weitere Häftlinge kamen während der fünftägigen
Bahnfahrt nach Dachau zu Tode.
Am 3. September 1944 wurde Kramer in ein Außenlager des KZ Dachau im Gebiet von Kaufering und Landsberg am Lech versetzt. In diesem Gebiet entstanden elf Außenlager; die Häftlinge wurden als
Zwangsarbeiter beim Bau eines halbunterirdischen Betonbunkers eingesetzt, in dem Jagdflugzeuge produziert werden sollten. Kramer war zunächst Lagerführer im Außenlager Kaufering I nahe der
Iglinger Straße in Landsberg mit etwa 1.800 Häftlingen, vorwiegend litauische Juden. Unter seinem Kommando standen 100 bis 120 Angehörige des KZ-Personals, sein vorgesetzter Kommandant war Walter
Langleist. Nach Kramers eigenen Angaben wurden die Häftlinge mit Fäusten, Stöcken und Peitschen geschlagen, teilweise mit Todesfolge. Zur Bestrafung der Häftlinge habe es Stehzellen gegeben, in
die diese acht bis zehn Stunden, teilweise auch zwei bis drei Nächte eingesperrt wurden. Kramer gab an, bei der Hinrichtung von sechs Juden Ende November 1944, die vor den Augen aller Häftlinge
vollzogen wurde, anwesend gewesen zu sein. Die Häftlinge im Außenlager I waren in Erdhütten untergebracht, die mit Ungeziefer verseucht waren und deren Dächer undicht waren. Sie leisteten in
einer Zementfabrik Zwangsarbeit; die reine Arbeitszeit betrug täglich zwölf Stunden, während der es eine Tasse Suppe zu essen gab. Der gesamte Arbeitstag umfasste 18 bis 19 Stunden.
Als Lagerführer des Außenlagers I blieb Kramer bis zum 12. November 1944 im Amt. Kurz vor der Befreiung der Konzentrationslager floh er am 28. April per Fahrrad aus Landsberg. Am 3. Mai wurde er
von den amerikanischen Streitkräften zwischen Gmund und Hausham gefangenengenommen. Nach Kriegsende war Kramer ab dem 15. November 1945 zusammen mit weiteren 39 Angehörigen des Lagerpersonals
Angeklagter im Dachau-Hauptprozess, der im Rahmen der Dachauer Prozesse stattfand. Die Anklage vor dem amerikanischen Militärgericht lautete auf „Verletzung der Gesetze und Gebräuche des
Krieges“, gleichermaßen gegen Zivilpersonen wie gegen Kriegsgefangene. Innerhalb der Anklage spielte der Begriff des „Common Design“, des gemeinsamen Vorhabens eines Verbrechens eine zentrale
Rolle: Nicht allein die individuellen Taten des KZ-Personals wurden als verbrecherisch angesehen, sondern das System der Konzentrationslager an sich. Im Zuge der Vorermittlungen hatte es sich als
schwierig erwiesen, einzelne Verbrechen den Angeklagten zuzuordnen, da die KZ-Häftlinge nur zum Teil überlebten, ihren Aussagen infolge der Traumatisierung die notwendige Präzision fehlte und sie
die Namen der Täter nur teilweise kannten. Als einziger der Angeklagten bekannte sich Kramer zu seinem Antisemitismus.
Kramer wurde am 13. Dezember 1945 ebenso wie 35 weitere Angeklagte zum Tode verurteilt. Das Gericht sah in seinem Fall das Schlagen und Treten von Häftlingen, teilweise mit Todesfolge, als
individuelle Exzesstat als erwiesen an. Ebenso habe Kramer Ende Oktober oder Anfang November Häftlinge ohne Schuhe zur Arbeit marschieren lassen. Das Urteil wurde am 5. April 1946 vom
Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitkräfte in Europa bestätigt, dem hierzu eine entsprechende Empfehlung durch ein sogenanntes „Review Board“ der Armee vorlag. Kramer wurde am 29. Mai 1946
im Kriegsverbrechergefängnis Landsberg gehängt.
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Kramer Alfred
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