Es geht um das umfangreiche Handarchiv des Altkanzlers. Zwischen dem Ehepaar Kohl und der CDU gibt es nach SPIEGEL-Informationen einen Disput über den Verbleib der rund 400 Aktenordner.
Hamburg - Zwischen der CDU und dem Ehepaar Kohl bahnt sich ein Streit über den politischen Nachlass von Helmut Kohl an. Der Altkanzler hat nach SPIEGEL-Informationen bereits Ende des Jahres 2010 sein privates Handarchiv, das er kurz nach seiner Abwahl im Jahr 1998 dem Archiv der Konrad-Adenauer-Stiftung in Sankt Augustin bei Bonn übergeben hatte, in sein Privathaus nach Oggersheim bringen lassen. (Die ganze Geschichte lesen Sie hier im aktuellen SPIEGEL.)
Die Akten enthalten unter anderem zahlreiche Redeentwürfe nebst Korrekturen des Altkanzlers, aber auch Briefe internationaler Staatsmänner. Offiziell wurde der Stiftung mitgeteilt, Kohl benötige die rund 400 Aktenordner für die Abfassung des vierten Bandes seiner Memoiren. In der CDU wird allerdings bezweifelt, dass der kranke Altkanzler die Kraft findet, seine Erinnerungen zu vollenden.
Der Ehrenvorsitzende der Adenauer-Stiftung, Bernhard Vogel, forderte Kohl und seine Frau auf, die Akten der Stiftung zurückzugeben. "Natürlich ist Helmut Kohl mehr als eine Privatperson. Deshalb hat auch die Öffentlichkeit einen Anspruch auf seinen politischen Nachlass", sagte der ehemalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Thüringen. "Er wäre sicherlich am besten im Archiv der Adenauer-Stiftung aufgehoben."
Maike Kohl-Richter, eine promovierte Volkswirtschaftlerin, wechselte 1994 in die Wirtschaftsabteilung des Kanzleramts. Dort lernte sie auch Helmut Kohl kennen. Über die CDU-Parteispendenaffäre habe ihr Mann einmal gesagt: "'Die war sehr deutsch, sehr deutsch in dem, wie einer verfolgt wird. Es war blanke Rache. Es kommt gar nicht darauf an, was einer gemacht hat, sondern wie es dargestellt wird.'"
Streit über 200 Tonbänder
Hintergrund ist die in der CDU verbreitete Sorge, dass sich Maike Kohl-Richter zur alleinigen Herrin des politischen Erbes von Kohl erklärt. Kohl hat sich im vergangenen Dezember vor dem Landgericht Köln auch die Herausgabe jener 200 Tonbänder mit Gesprächen erstritten, die der WDR-Journalist Heribert Schwan mit Kanzler Kohl führte und die die Grundlage bilden für die Memoiren des Altkanzlers.
Kohl gibt in den Interviews tiefen Einblick in sein Wirken. Die Tonbänder enthielten zumindest teilweise das "historische Vermächtnis" Kohls, heißt es in dem Urteil des Landgerichts. Schwan, der als Ghostwriter die ersten drei Bände der Kohl-Erinnerungen verfasst hatte, legte Berufung gegen das Urteil ein. Eine Entscheidung soll Mitte Juli fallen.
Das Verhältnis zwischen der Union und Maike Kohl-Richter ist schon seit geraumer Zeit angespannt. Kohl-Richter hatte sich zuletzt in einem Interview geäußert. Dort erklärte sie unter anderem, dass sie die "alleinige Entscheidungsbefugnis" über den Kohl-Nachlass innehaben soll.